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„Nach jedem Aufstieg kommt `ne Abfahrt“ – eine nass-sonnige Radtour entlang der Lahn

„Nach jedem Aufstieg kommt `ne Abfahrt“ – eine nass-sonnige Radtour entlang der Lahn

Eine Reportage von Daniel Beise Montagmorgen.

9. September. Das heiße Spätsommerwetter der vergangenen Woche ist passé. Regen und Temperatursturz machen sich bereit – und ein, zwei Männer grübeln, ob sie lieber nicht mitradeln. Doch um 9 Uhr sitzen alle sechs Teilnehmer in den AWO-Bussen: Reinhold, Jürgen, Flo, Tom, Martin und ein Mann, der nicht mit Namen genannt werden möchte. Zusammen mit den Sozialarbeitenden Lubja, Juliane und Daniel geht es nach Lahnstein bei Koblenz. Ein- oder zweimal im Jahr organisiert und finanziert die AWO Gießen bzw. konkreter der Hilfeverbund Wohnen und Arbeit neben eintägigen Freizeitveranstaltungen auch Kurztrips für Männer im System der Wohnungslosen- und Eingliederungshilfe.

Die Fahrt über B49 und A3 noch verregnet, ist es bei Ankunft beim Radverleih in Lahnstein trocken und bislang nicht sonderlich kalt. Eine gute Stunde später starten fünf E-Bikes und vier normaler Fahrräder auf dem Lahnradweg rund 22 Kilometer Richtung Nassau. Die erste Etappe entlang kleiner beschaulicher Städtchen wie Bad Ems oder Dausenau ist zwar zwischenzeitlich ein wenig verregnet. Das tut der Stimmung jedoch keinen Abbruch. Zum Teil haben die Männer richtig Bock, Gas zu geben. In die Pedale treten und Stress abbauen. Negatives abschütteln. Tut noch jedem gut.

12 Kilometer und 340 Höhenmeter Umweg

Punktgenau einen halben Kilometer vor dem Hotel Lahnromantik in Nassau fängt es an zu schütten wie aus Eimern und wir werden nochmal richtig nass. Wir nehmen’s mit Humor. Eine Stunde später ist der Schutt schon wieder vorbei und zwei, drei kleine Gruppe ziehen vor dem Abendessen nochmal in die Nassauer Innenstadt.

Zweiter Tag. Wir wurden vorgewarnt. Vom Mann, der uns die Räder verliehen hat. Wir sollten keinesfalls die ausgeschilderte Umleitung zwischen Nassau und Obernhof wegen Umbauarbeiten des Lahnradwegs nehmen – die sei extrem anstrengend. Fünf von uns entscheiden sich dennoch dafür, zwei von uns schieben die meiste Zeit, weil sie kein E-Motor bergauf über den groben Schotter bringt. Zwischen fünf und zwölf Prozent Steigung, 340 Höhenmeter und insgesamt zwölf Kilometer mehr. Durch einen schönen Wald, aber eine sehr strapazierende Strecke. Doch „nach jedem Aufstieg kommt `ne Abfahrt“, witzeln zwei der Männer auf ihren E-Bikes. Mit 60 Sachen und schneller saust Jürgen, der früher auch Downhill gefahren ist, schließlich die Bergstraße mit leichten, einsehbaren Serpentinen hinab. Die anderen wesentlich vorsichtiger mit Händen auf den Bremsen. Rund eine Stunde hat der Rest der Gruppe auf uns gewartet, der klugerweise via Landstraße nach Obernhof gefahren ist.

Idyllische Natur und eine Planänderung

Bei zunehmend besserem Wetter radeln wir weiter nach Diez, wo wir im Hotel Wilhelm von Nassau nächtigen. Auf diesem Abschnitt ist der gut ausgebaute Lahnradweg besonders schön: Campingplätze inmitten idyllischer Grünflächen und Wälder, beschauliche Bootsstege und Gärten und sogar dezentes Bergpanorama mit steilen Felshängen und Hügeln.

Eigentlich ist der Plan, am letzten Tag nur rund acht Kilometer bis nach Limburg zu fahren und von da aus wieder mit dem Zug zurück nach Lahnstein. Doch alle Männer sind derart motiviert, mehr Strecke zu machen, weiter zu radeln – dass wir dieselbe Tour vom Vortag zurück nach Nassau radeln. Rund 30 Kilometer bei bewölktem Sonnenschein. „Also ich würde jetzt bis nach Lahnstein durchfahren“, versucht Florian uns zu motivieren, noch weiter zu fahren. Das allerdings wäre zu spät geworden. Nach Abgabe der Räder sind wir schließlich gegen 18 Uhr mit den Bussen wieder im Falkweg 8. Insgesamt eine entspannt-harmonische Radtour, zu der sich nächstes Jahr wieder alle Teilnehmer anmelden möchten.